Ihr kennt bestimmt die Weihnachtsgeschichte von den heiligen drei Königen,
die dem Jesuskind Geschenke gebracht haben. In der Geschichte wird auch ein
besonderer Stern erwähnt, der Stern von Bethlehem. Er soll die Könige zu der Krippe
in Bethlehem gebracht haben, in
der Jesus geboren wurde. Diese Geschichte findet sich in der Bibel. Der
Evangelist Matthäus berichtet sie.
Wann hat denn diese Geschichte gespielt? Klar, würde man sagen: Kurz
nach Weihnachten im Jahr eins nach Christi Geburt. Schließlich feiern wir jedes
Jahr am 6. Januar das Dreikönigsfest. Ganz so klar ist es aber doch nicht.
Das liegt daran, dass unsere heutige Zeitrechnung erst sehr viel später
entwickelt wurde. In der Bibel selbst sind entweder gar keine Zeitangaben, oder
welche, die uns heute merkwürdig vorkommen. So steht zum Beispiel in der Bibel:
Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius
Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und
sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis
und Lysanias Landesfürst von Abilene, [Lukas 3,1]
Es wird also in Jahren der Regierungszeit gerechnet. Außerdem werden dann
noch eine ganz Reihe von anderen wichtigen Leuten aufgeführt. Daraus kann man so
ungefähr ableiten, wann das wohl gewesen sein mag.
Und Jesus war, als er auftrat, etwa dreißig Jahre alt und wurde
gehalten für einen Sohn Josefs, der war ein Sohn Elis, [Lukas 3,23]
Aus diesem Vers kann man auf Jesus Geburtsjahr schließen. Er war etwa
dreißig Jahre alt. Und das eben im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers
Tiberius. Also muss er etwa 15 Jahre vor der Herrschaft von Kaiser
Tiberius geboren worden sein. Das "etwa" sagt uns dabei, dass es nicht
auf's Jahr genau ist. Es könnten halt auch ein paar Jahre mehr oder weniger
gewesen sein.
Klingt kompliziert? Ist es auch! Der Mönch Dionysius Exiguus machte
sich im Jahr 525 nach Christus die Mühe, aus diesen komplizierten Zeitangaben
das Geburtsjahr von Jesus zu errechnen. Er hat damit unsere heutige Zeitrechnung
geschaffen. Das war eine ziemlich komplizierte Arbeit. Auf ein Jahr genau war
die nicht zu lösen. Etwas Ungenauigkeit ist unvermeidbar. Daher ist auch das wirklich genaue Geburtsdatum
von Jesus nicht bekannt.
Auch deswegen interessiert der Stern von Bethlehem die Wissenschaftler.
Er könnte sehr hilfreich sein, um das
wirkliche Geburtsdatum von Jesus heraus zu bekommen. Er war ja ein Himmelsereignis, also etwas,
das die Menschen sehen konnten. Außerdem können die Astronomen heute mit ihren
Computern sehr genau berechnen, wie der Himmel zur Zeit von Jesu Geburt über
Bethlehem
ausgesehen hat. Diesen Himmel und seine Sterne können wir uns am Computer sogar anzeigen lassen.
Und dann selbst nach dem Weihnachtsstern Ausschau halten.
Aber auch, als es noch
keine Computer gab, hatten die Astronomen schon gute Ideen. Ich möchte mich mit
Euch zusammen auf den Weg machen, heraus zu finden, was es wohl gewesen sein
könnte. Dabei ist aber eine Warnung angebracht. Einige Wissenschaftler, gerade
auch der Kirche, meinen, dass es den Stern von Bethlehem gar nicht wirklich
gegeben hat. Dass er statt dessen als Symbol für das Gute zu verstehen war. Wir
müssen daher festhalten, dass wir das Rätsel nicht wirklich lösen können. Aber
wir werden zumindest eine gute Erklärung finden. Denn es könnte genau so gewesen
sein, wie wir es raus finden werden:
Jetzt müssen wir aber erst einmal ein wenig in die Bibel schauen. Da
steht:
Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs
Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und
sprachen: ... [Matthäus, 2,1]
Aha, da kamen also "Weise" aus dem "Morgenland".
Wer waren die denn und woher
kamen die? Fangen wir beim Morgenland an. Es gibt das Morgen- und das
Abendland. Der Name kommt dabei von der Sonne. Das Morgenland ist das Land in
der Richtung, in der die Sonne aufgeht. Also das Land, wo die Sonne Morgens
steht. Dann ist das Abendland wohl ... ja genau, das Land wo die Sonne Abends
steht. Und, wissen wir, wo das ist? Ja, klar doch. Wie heißt der Spruch nochmal:
"Im Osten geht die Sonne auf, im Süden hält sie Mittagslauf, im Westen wird sie
untergeh'n, im Norden ist sie nie zu seh'n.". Dann ist das Morgenland also im
Osten und das Abendland im Westen. Und da wir von Israel aus schauen, liegt das
"Morgenland" östlich von Israel. Den Begriff "Morgenland" verwenden wir übrigens auch heute
noch und meinen damit Asien. Das liegt nämlich östlich von uns. Die Weisen
kommen also aus asiatischen, östlichen
Ländern. Aber wer sind sie nun? Reisen waren damals sehr schwierig und teuer.
Erst recht über große Entfernungen. Die "Weisen" müssen daher wichtige und
reiche Leute gewesen sein. Wir sprechen ja auch von den "heiligen drei Königen".
Damit sind die gleichen Leute gemeint. Zur damaligen Zeit gab es für die meisten
Leute keine Schulen. Nur Edelleute, Priester und Könige waren gebildet. Sie
waren "weise". Oft waren die Könige auch gleichzeitig Priester und
Wissenschaftler.
Zur damaligen Zeit wurden im "Morgenland" noch verschiedene Götter verehrt.
Die Menschen glaubten auch, dass die Sterne Götter seien. Deswegen meinten sie
auch, das das Geschehen
am nächtlichen Himmel einen direkten Zusammenhang zum Leben der Menschen hat.
Das also die Sterne das Leben der Menschen verändern. Heute lesen wir
so etwas ähnliches noch in Horoskopen. Für die meisten von uns ist diese
Astrologie ein netter Scherz, an den wir nicht wirklich glauben. Damals war das
anders. Die Menschen haben fest an das geglaubt, was aus den Sternen
"geweissagt" (vorhergesagt) wurde. Astronomie (die Wissenschaft vom Himmel) und
Astrologie (die Sache mit den Horoskopen) waren damals noch das Gleiche. Viele
Priester versuchten auch, die Sterne zu deuten. Sie waren dann
Priesterastronomen. Es wird vermutet, dass die "Weisen" aus der
Weihnachtsgeschichte solche Priesterastronomen waren. Denn "normale" Leute haben
sich zu dieser Zeit nicht mit dem Himmel beschäftigt. Vielleicht waren sie (oder
wenigstens einer von Ihnen) auch tatsächlich ein König. Denn, wie gesagt, Könige
waren sehr oft auch Priester und wahrscheinlich auch Priesterastronomen.
Nun wissen wir also, was es mit den Weisen auf sich hatte und aus welchem
Teil der Erde sie kamen. In der Bibel geht es dann wie folgt weiter:
Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen
im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. [Matthäus, 2,2]
Jetzt kommt also unser berühmter Stern. Das die Weisen "den Stern" gesehen
haben, deutet auch wieder darauf hin, dass sie Astronomen waren. Es sei denn, der
Stern wäre am Himmel ganz leicht für alle Menschen sichtbar gewesen. Evangelist
Matthäus schreibt dazu:
Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz
Jerusalem, [Matthäus, 2,3]
und
Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von
ihnen, wann der Stern erschienen wäre, [Matthäus, 2,7]
König Herodes erschrak also, dass die Weisen "seinen Stern gesehen" hatten.
Und er rief die Weisen zu sich und erkundigte sich, wo sie denn den Stern
gesehen hatten. Herodes kann den Stern daher wohl kaum direkt erkennen können. Sonst hätte er ja nicht nachfragen müssen und sich wohl auch nicht
so erschrecken.. Man kann vermuten, dass die "normalen Leute" den Stern dann
erst recht nicht bemerkt haben. Dazu muss man noch wissen, dass die Juden der
Sterndeutung gegenüber sehr skeptisch waren. Sie haben den Himmel also
wahrscheinlich ohnehin wesentlich weniger aufmerksam beobachtet als die Weisen.
Was könnte denn nun der fragliche Stern gewesen sein? Der Künstler Giotto hat
im Jahre 1304 den Stern so gemalt, wie er auch heute auf vielen Bildern zu sehen
ist:

Giotto di Bondone (1267-1337), Cappella Scrovegni a Padova,
Life of Christ,
Adoration of the Magi [Quelle:
Wikimedia Commons]
Der Stern ist über dem Dach der Krippe zu sehen. Es ist ein Stern, der
einen Schweif hinter sich her zieht. So etwas wird auch "Schweifstern"
genannt.
In der Astronomie
heißen sie Kometen. Der Künstler Giotto hatte
das Bild gemalt, nachdem er zwei Jahre vorher den Halleyschen Kometen gesehen
hatte. Dieser Komet ist ganz besonders hell und gut zu erkennen. Er sieht so aus:

Halleyscher Komet am 8. März 1986 [Quelle:
NASA,
Fotograf: W. Liller]
Giotto war vom Anblick des Kometen so begeistert, dass er gedacht hat "so
muss auch der Weihnachtsstern ausgesehen haben". Und darum hat er ihn dann auch
so in seinem Bild gemalt. Könnte ein Komet denn
tatsächlich der Stern gewesen sein, den die Weisen gesehen haben? Man meint
nein. Denn zu der Zeit, als Jesus geboren wurde, war gar kein Komet am Himmel zu sehen
(soweit wir das heute nachrechnen können). Außerdem dachte man damals, Kometen
würden Unglück bringen. Wohl niemand wäre auf die Idee gekommen,
einen Kometen als Boten des freudigen Ereignisses einer Königsgeburt anzusehen.
Und ein weiterer wichtiger Grund spricht dagegen: wie wir eben gesehen hatte,
hat Herodes und sein Volk den Stern ja gar nicht erkannt. Ein Komet wäre aber so
auffällig gewesen, dass ihn jeder gesehen hätte. Wäre es ein Komet gewesen,
hätte Herodes sich wohl kaum bei den Weisen erkundigen müssen, wo denn der Stern
zu finden sei. Der Stern von Bethlehem kann deswegen kein Komet gewesen sein.
Da hat Giotto sich wohl getäuscht.
Die Astronomen haben weiter überlegt, was denn noch ein auffälliger Stern
gewesen sein könnte. Sehr selten gibt es so genannte Supernovas. Das sind
Sterne, die zum Ende ihres Lebens in einer gewaltigen Explosion zerplatzen und
für einige Tage sehr hell am Nachthimmel zu sehen sind. Das könnte es natürlich
gewesen sein. Eine Supernova wäre nicht ganz so auffällig wie ein heller Komet
gewesen. Herodes hätte sie also leichter übersehen können. Die Überbleibsel
einer Supernova müsste man allerdings noch heute beobachten können. Man sieht am
Himmel einige solcher Reste. Die Wissenschaftler haben aber keinen gefunden, der
zu einer Supernova zur Zeit von Christi Geburt passen würde. Damit kann es das
dann wohl auch nicht gewesen sein.
Was könnte es denn dann gewesen sein? Schauen wir uns doch noch einmal den
Bericht in der Bibel an:
und [Herodes] schickte sie [die Weisen] nach Bethlehem
und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's
findet, so sagt mir's wieder, daß auch ich komme und es anbete. Als sie nun
den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im
Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo
das Kindlein war [Matthäus 2,8-9]
Das gibt uns noch einmal einen Hinweis. Herodes schickte die Weisen von
Jerusalem aus nach Bethlehem. Das ist ungefähr 10km entfern. Dazu mussten sie in Richtung
Süd-Südwest gehen. Auf diesem Weg "ging der Stern vor Ihnen her". Er muss also
auch ungefähr in dieser Richtung am Himmel gestanden haben. Jetzt muss man noch
einmal daran denken, dass unsere heutige Zeitrechnung erst nachträglich
geschaffen wurde. Das wirklich genaue Geburtsjahr von Jesus kennen wir deswegen
gar nicht. Die
heutigen Astronomen haben daher die Jahre um Christi Geburt untersucht.
Und siehe da: tatsächlich findet sich ein recht auffälliger "Stern" am 12. November im Jahre 7
vor unserer Zeitrechung. In einer Computersimulation sieht der so aus:

Der Weihnachtsstern?
Es sind zwei "Sterne", die man dort sieht. Genau genommen sind es
aber gar
keine Sterne. Es sind Planeten, nämlich Jupiter und Saturn. Das sieht ja nett
aus, aber wieso sollten die Weisen daraus auf die Geburt eines Königs schließen?
Nun, dafür gibt es gute Gründe. Aber jetzt müssen wir uns erst einmal mit
Astronomie beschäftigen:
Wenn man in den Nachthimmel schaut, meint man, die Sterne bewegen sich. Genau
wie tagsüber die Sonne, gehen auch sie im Osten auf und im Westen unter. Diese
Bewegung stammt jedoch nicht wirklich von den Sternen. Eigentlich bewegen wir
uns. Wir stehen nämlich auf der Erde. Und die dreht sich mit uns zusammen rasend
schnell. Wir drehen uns unter dem Himmel hinweg. Die Sterne selbst bewegen sich
gar nicht. Denkt man sich die Drehung der Erde weg, dann stehen die Sterne
still. Wenn man den Himmel an mehreren Abenden hintereinander
beobachtet, wird man merken, dass die Sterne tatsächlich immer gleich angeordnet
sind..
Die Menschen haben schon früh angefangen, sich Figuren in den Sternhimmel
hinein zu denken. Diese Figuren werden Sternbilder genannt. Damit kann man sich die Position der Sterne am Himmel besser
merken. In einem Astronomie-Programm sieht das zum Beispiel so aus:

Das Sternbild der Fische
Hier sieht man das Sternbild "Fische". An dem Bild kann man erkennen, wie die
Leute früher auf die Idee gekommen sind, das könnten Fische sein. Die weiße
Linie ist die gedachte Verbindung zwischen den Sternen. Und der rote "Kasten"
ist das "Grundstück", das den Fischen am Himmel gehört. Am Himmel sind
viele verschiedene Sternbilder zu sehen. Die rote Linie zeigt die Grenze
zwischen den Sternbildern. Man sagt, alles was auf dem Bild innerhalb
des roten "Kastens" ist, ist "im Sternbild der Fische". Wenn man genau
hinschaut, sieht man, das unser Weihnachtsstern sich auch im Sternbild der
Fische befindet.
Halten wir fest: die Sterne stehen immer am gleichen Platz am Himmel. Ihr
Auf- und Untergehen kommt von der Erddrehung. Ihre Position zueinander verändern
sie nicht. Darum werden die Sterne auch manchmal "Fixsterne" (fix wie "fixiert",
"fest") genannt. Das gilt aber nicht für alle "Sterne". Bei den Planeten ist es
anders.
Zusammen mit der Erde umkreisen die Planeten die Sonne. Ein Umlauf um die
Sonne dauert umso länger, je weiter ein Planet von ihr entfernt ist. Wenn wir
einen Planeten mehrere Tage am Nachthimmel beobachten, dann stellen wir fest,
dass er seine Position im Vergleich zu anderen Sternen verändert. Als Beispiel
sieht man hier, wie der Jupiter im Jahr 2006 seine Bahnen am Himmel zieht:

Bewegung des Jupiter in 2006 - klick für längeres Video
Man sieht sehr schön, wie der Jupiter sich bewegt. Manchmal huscht auch der
Mond durch das Bild. Das soll uns aber nicht weiter stören. Wer mag, kann sich
auch noch das etwas längere Video der
Jupiter-Bewegung ansehen. Dort sieht man auch, wie der Jupiter hin und her
wandert. Der Jupiter "wandelt" also
vor den Fixsternen. Deshalb hat man Planeten "Wandelsterne" genannt. Der Name
"Planet" stammt übrigens aus dem griechischen und bedeutet "der Wandernde". Die
frühen Astronomen haben die Wandelsterne oft als göttliche Zeichen oder
auch als Götter selbst angesehen. Unter den vielen tausend Sternen am Himmel
waren sie immerhin die einzigen, die sich bewegen. Noch dazu kann man sie nicht
immer sehen - zu manchen Zeiten des Jahres sind sie komplett unsichtbar. Und
zwar immer zu unterschiedlichen Zeiten (auch die Sterne sind nicht immer
sichtbar - aber man sieht sie immer zur gleichen Jahreszeit).
Die Bewegung eines Planeten am Himmel sieht ohnehin recht geheimnisvoll aus.
Mal wandert er mit den Sternen (also von Ost nach West), mal in der entgegen
gesetzten Richtung. Manchmal scheint er sogar völlig still zu stehen. Das alles
bemerkt man natürlich nicht, wenn man nur an einem einzigen Abend schaut. Man bemerkt es aber, wenn man immer
wieder beobachtet (wie es eben Astronomen tun). Dieses Bewegungen der Planeten
werden von ihrem Umlauf um die Sonne verursacht. Aber auch wir drehen uns
zusammen mit der Erde um die Sonne. Da die Erde näher an der Sonne ist als die
meisten Planeten, überholt sie die bei Ihrem Umlauf um die Sonne. Das erklärt
die scheinbar merkwürdigen Bewegungen.
Normalerweise sind die Planeten recht weit voneinander am Himmel entfernt. Zu
seltenen Zeiten kommen sie sich aber sehr nahe. Dann stehen sie von uns aus
gesehen zufälliger Weise in genau der gleichen Richtung am Himmel. So war es mit
Jupiter und Saturn zur Zeit von Christi Geburt. Das folgende
Bild zeigt den Blick auf unser Sonnensystem, so wie man es damals von einem weit
entfernten Raumschiff aus gesehen hätte:

Das Bild wurde mit einem englischsprachigen Programm gemacht, daher steht das "Sun"
anstelle von "Sonne" und "Earth" anstelle von Erde. Wie man sieht, stehen
Jupiter und Saturn fast in einer Linie mit der Sonne. Daher erscheinen sie am
Himmel nahe beieinander. Wenn sie sich jetzt auf ihrer Bahn um die Sonne weiter
bewegen, gehen sie wieder auseinander. Da die Erde sich aber auch weiter dreht,
kann sich ein interessanter Anblick am Himmel ergeben. Eben genau so, wie wir
das oben in dem Bild vom Weihnachtsstern gesehen haben.
So, jetzt haben wir genug Wissen, um zu verstehen, was damals passiert sein
könnte. Zunächst einmal ist die Frage zu klären, wieso die Weisen überhaupt auf
die Idee gekommen sind, dass in Israel ein neuer König geboren wurde. Man
vermutet, dass es sich bei den Weisen um Astronomen aus Babylon gehandelt hat.
Die Babylonier haben den Himmel sehr aufmerksam beobachtet und kannten sich in
der Astronomie gut aus. Bei ihnen standen die Planeten für babylonische Götter.
Der Jupiter war sehr wichtig. Er wurde als "Königsstern" angesehen. Der Saturn
wurde als Herrscher über Israel angesehen. Das Sternbild der Fische hatte auch
eine besondere Bedeutung: es stand für das Land Palästina. Im Jahre 7 vor
Christus gab es nun eine besondere Konstellation am Himmel: Jupiter und Saturn
begegneten sich dreifach am Himmel - und das auch noch im Sternbild der Fische.
In einer Simulation sieht das so aus:

Auch hier gibt es wieder
ein Video, das
die Konstellation noch ein wenig ausführlicher zeigt. Dort ist zu Beginn ein
besonders heller Stern zu sehen. Das ist unsere Sonne (um die Bewegung von
Jupiter und Saturn zu verdeutlichen, habe ich die Simulation auch während des
Tages durchlaufen lassen - mit dem Computer kann man so etwas).
Man vermutet, dass die Babylonier das wie folgt interpretierten: Der
"Königsstern" (Jupiter) begegnet dem "Stern" der Israeliten (Saturn)
gleich dreifach in dessen eigenem Land (Sternbild der Fische). Das konnte für
die Weisen wohl nur auf die Geburt eines neuen Königs von Israel hindeuten. Als
sie das erkannten, haben sie sich auf die Reise nach Jerusalem aufgemacht. Die
Juden haben dieses Himmelszeichen dagegen nicht bemerkt, weil es nur auffiel,
wenn man den Himmel genau beobachtete. Und da die Juden damals dem
Himmelsgeschehen wenig Beachtung geschenkt haben, fiel es ihnen gar nicht
auf. Damit wäre dann auch die Verwunderung von Herodes zu verstehen - genauso
wie die Tatsache, dass er sich bei den "Weisen aus dem Morgenland" erst
erkundigen musste, was denn das für ein Stern sei. Anders als bei einem Kometen
oder einer Supernova also eine ganz einleuchtende Erklärung. Damit wäre eine
plausible Erklärung gefunden, warum die Weisen überhaupt nach Jerusalem kamen.
Aber warum gingen sie nach Bethlehem? Laut Bibel war daran vor allem Herodes
"schuld":
Und sie [die jüdischen Schriftgelehrten] sagten ihm
[Herodes]: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den
Propheten: [Matthäus 2,5]
und [Herodes] schickte sie [die Weisen aus dem Morgenland]
nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein;
und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, daß auch ich komme und es
anbete. [Matthäus 2,8]
Es war also bereits vorhergesagt (prophezeit), dass in Bethlehem ein König
geboren werden solle. Herodes und seine Berater verließen sich auf diese
Prophezeiung. Denn sie wussten offensichtlich nichts Genaueres. Deswegen meinte
Herodes
wohl auch zu den Weisen, sie sollen nach dem Kindlein "forschen", es also
suchen. Damit könnte die Geschichte nun zu Ende sein. Doch glücklicherweise
standen Jupiter und Saturn genau richtig am Himmel. Matthäus berichtet:
Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der
Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über
dem Ort stand, wo das Kindlein war [Matthäus 2,9]
Nun muss man sich mit der Geographie von Palästina beschäftigen. Jerusalem
und Bethlehem liegen ca. 10km auseinander. Von Jerusalem aus muss man nach
Süd-Südwest gehen. Auf einer Satellitenkarte schaut das wie folgt aus:

Jerusalem und Bethlehem - für größere Version Bild klicken.
[Quelle: Google Earth]
Nun muss man noch wissen, wie der "Stern" von Jerusalem aus gesehen am Himmel
stand. Das habe ich auch mit einem Programm simuliert und ein Video erstellt.
Das Video funktioniert leider nur mit dem Windows Media Player. Auf dem Bild
unten sieht man den Himmel über Jerusalem. Wir schauen nach Süden und es ist
kurz vor Sonnenuntergang. Am linken Bildrand (im Osten) erkennen wir bereits
unseren "Weihnachtsstern". Auf dem Video kann man sehen, wie er über den Himmel
wandert. Dazu bitte einfach das Bild anklicken:

Der Weihnachtsstern über dem Himmel von Jerusalem.
Wie wir schon gelernt hatten, ziehen die Sterne durch die Erddrehung im Laufe
der Nacht von Ost nach West über den Himmel. Und unser "Weihnachtsstern" zieht
da mit. Ich habe nun diese scheinbare Bewegung des Weihnachtssterns in die
Satellitenaufnahme eingetragen (Klick auf das Bild bringt wieder eine größere
Version):

Der scheinbare Weg des Weihnachtssterns über Palästina.
Der "Stern" zog im Laufe der Nacht von Osten (rechts) nach Westen (links), wo
er in der späteren Nacht unterging. Schauen wir nun noch einmal in die Bibel:
Als sie [die Weisen] nun den König gehört hatten, zogen sie hin
[nach Bethlehem]. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen
hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war
[Matthäus 2,9]
Kurz nach Sonnenuntergang war der "Stern" ganz offensichtlich noch nicht in
der richtigen Richtung. Wenn die Weisen aber etwas später los geritten sind,
stimmte die Richtung schon ziemlich genau. Und es ist gut vorstellbar, dass sie
genau zu der Zeit ankamen, als Jupiter und Saturn gerade genau in Richtung
Bethlehem stand. Man kann das "der Stern ging vor ihnen her" vielleicht auch so
deuten, dass er sich (von Osten kommend) auf Bethlehem hin bewegte.
Bei dieser Deutung muss man natürlich beachten, das der "Stern" bei der
Ankunft der Weisen in Bethlehem nicht unmittelbar über Bethlehem stand. Er war
vielmehr weiterhin in der Ferne am Horizont zu sehen. Dies darf aber wohl so
gedeutet werden, dass die Weisen zufrieden waren, wieder Anzeichen am Himmel
entdeckt zu haben, auf dem richtigen Weg zu sein. Man bedenke, dass sie sich nur
wegen der besonderen Himmelserscheinung auf den weiten und damals gefährlichen Weg gemacht hatten. Es wäre sicherlich enttäuschend für sie
gewesen, gerade auf dem letzten und wichtigsten Stück der Reise nicht mehr von
einem Himmelszeichen geleitet zu werden. Diese Erleichterung kann man meiner
Meinung nach auch in die folgende Textstelle der Bibel hinein interpretieren:
Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut [Matthäus
2,10]
...und damit ist unsere astronomische Suche nach dem Stern
von Bethlehem abgeschlossen. Von allen bekannten Theorien ist die hier
genannte sicherlich der wahrscheinlichste Erklärungsansatz für den
"Weihnachtsstern". Demnach wäre Jesus also tatsächlich im Jahr 7 vor Christi
Geburt geboren wurden (klingt irgendwie lustig) und der "Stern" war ein - für
Astronomen - besonders auffälliges und seltenes mehrfaches Zusammentreffen von
Jupiter und Saturn.
An dieser Stelle sei nochmals der Hinweis angebracht, dass
alles auch ganz anders gewesen sein kann. Wenn man eine
naturwissenschaftliche Deutung des "Weihnachtssterns" sucht, ist das hier
Beschriebene die momentan allgemein als beste anerkannte Erklärung. Einige Bibelforscher
gehen aber davon ausgehen, dass es unseren
"Stern" gar nicht als wirkliche Himmelserscheinung gegeben hat. Die
entsprechenden Stellen des Matthäus-Evangeliums können genau so gut symbolisch
zu deuten sein, der "Stern" "nur" ein Symbol des Guten (Licht!) sein.
Aber ist es nicht schön, sich vorzustellen, dass es sich
genau so wie oben beschrieben zugetragen hat...
Ich wünsche allen ein frohes, besinnliches und friedliches
Weihnachtfest! Den "Sternenguckern" unter uns wünsche ich obendrein einen klaren
Himmel, auf das jeder seinen ganz persönlichen Weihnachtsstern entdecken möge.
Rainer Gerhards
Copyright (C) 2006, 2007 Rainer Gerhards
Letzte Aktualisierung: 2007-11-30, 2006-12-11 |