Achtung: Dies ist eine historische Web-Site. Aktuell ist https://rainer.gerhards.net/ (engl) bzw https://www.rainer-gerhards.de/ (deutsch). Alle dynamischen Funktionen, Formulare etc auf dieser Seite sind abgeschaltet.
Datenschutzerklärung Impressum

Aus http://www.gerhards.net/astrokids/stern_von_bethlehem.html

Stern von Bethlehem - gab es den wirklich?
Verfasst von Rainer Gerhardsam 21.11.2006um 18:18 Uhr.

Ihr kennt bestimmt die Weihnachtsgeschichte von den heiligen drei Königen, die dem Jesuskind Geschenke gebracht haben. In der Geschichte wird auch ein besonderer Stern erwähnt, der Stern von Bethlehem. Er soll die Könige zu der Krippe in Bethlehem gebracht haben, in der Jesus geboren wurde. Diese Geschichte findet sich in der Bibel. Der Evangelist Matthäus berichtet sie.

Wann hat denn diese Geschichte gespielt? Klar, würde man sagen: Kurz nach Weihnachten im Jahr eins nach Christi Geburt. Schließlich feiern wir jedes Jahr am 6. Januar das Dreikönigsfest. Ganz so klar ist es aber doch nicht.  Das liegt daran, dass unsere heutige Zeitrechnung erst sehr viel später entwickelt wurde. In der Bibel selbst sind entweder gar keine Zeitangaben, oder welche, die uns heute merkwürdig vorkommen. So steht zum Beispiel in der Bibel:

Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene, [Lukas 3,1]

Es wird also in Jahren der Regierungszeit gerechnet. Außerdem werden dann noch eine ganz Reihe von anderen wichtigen Leuten aufgeführt. Daraus kann man so ungefähr ableiten, wann das wohl gewesen sein mag.

Und Jesus war, als er auftrat, etwa dreißig Jahre alt und wurde gehalten für einen Sohn Josefs, der war ein Sohn Elis, [Lukas 3,23]

Aus diesem Vers kann man auf Jesus Geburtsjahr schließen. Er war etwa dreißig Jahre alt. Und das eben im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius. Also muss er etwa 15 Jahre vor der Herrschaft von Kaiser Tiberius geboren worden sein. Das "etwa" sagt uns dabei, dass es nicht auf's Jahr genau ist. Es könnten halt auch ein paar Jahre mehr oder weniger gewesen sein.

Klingt kompliziert? Ist es auch! Der Mönch Dionysius Exiguus machte sich im Jahr 525 nach Christus die Mühe, aus diesen komplizierten Zeitangaben das Geburtsjahr von Jesus zu errechnen. Er hat damit unsere heutige Zeitrechnung geschaffen. Das war eine ziemlich komplizierte Arbeit. Auf ein Jahr genau war die nicht zu lösen. Etwas Ungenauigkeit ist unvermeidbar. Daher ist auch das wirklich genaue Geburtsdatum von Jesus nicht bekannt.

Auch deswegen interessiert der Stern von Bethlehem die Wissenschaftler. Er könnte sehr hilfreich sein, um das wirkliche Geburtsdatum von Jesus heraus zu bekommen. Er war ja ein Himmelsereignis, also etwas, das die Menschen sehen konnten. Außerdem können die Astronomen heute mit ihren Computern sehr genau berechnen, wie der Himmel zur Zeit von Jesu Geburt über Bethlehem ausgesehen hat. Diesen Himmel und seine Sterne können wir uns am Computer sogar anzeigen lassen. Und dann selbst nach dem Weihnachtsstern Ausschau halten.

Aber auch, als es noch keine Computer gab, hatten die Astronomen schon gute Ideen. Ich möchte mich mit Euch zusammen auf den Weg machen, heraus zu finden, was es wohl gewesen sein könnte. Dabei ist aber eine Warnung angebracht. Einige Wissenschaftler, gerade auch der Kirche, meinen, dass es den Stern von Bethlehem gar nicht wirklich gegeben hat. Dass er statt dessen als Symbol für das Gute zu verstehen war. Wir müssen daher festhalten, dass wir das Rätsel nicht wirklich lösen können. Aber wir werden zumindest eine gute Erklärung finden. Denn es könnte genau so gewesen sein, wie wir es raus finden werden:

Jetzt müssen wir aber erst einmal ein wenig in die Bibel schauen.  Da steht:

Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: ... [Matthäus, 2,1]

Aha, da kamen also "Weise" aus dem "Morgenland". Wer waren die denn und woher kamen die? Fangen wir beim Morgenland an. Es gibt das Morgen- und das Abendland. Der Name kommt dabei von der Sonne. Das Morgenland ist das Land in der Richtung, in der die Sonne aufgeht. Also das Land, wo die Sonne Morgens steht. Dann ist das Abendland wohl ... ja genau, das Land wo die Sonne Abends steht. Und, wissen wir, wo das ist? Ja, klar doch. Wie heißt der Spruch nochmal: "Im Osten geht die Sonne auf, im Süden hält sie Mittagslauf, im Westen wird sie untergeh'n, im Norden ist sie nie zu seh'n.". Dann ist das Morgenland also im Osten und das Abendland im Westen. Und da wir von Israel aus schauen, liegt das "Morgenland" östlich von Israel. Den Begriff "Morgenland" verwenden wir übrigens auch heute noch und meinen damit Asien. Das liegt nämlich östlich von uns. Die Weisen kommen also aus asiatischen, östlichen Ländern. Aber wer sind sie nun? Reisen waren damals sehr schwierig und teuer. Erst recht über große Entfernungen. Die "Weisen" müssen daher wichtige und reiche Leute gewesen sein. Wir sprechen ja auch von den "heiligen drei Königen". Damit sind die gleichen Leute gemeint. Zur damaligen Zeit gab es für die meisten Leute keine Schulen. Nur Edelleute, Priester und Könige waren gebildet. Sie waren "weise". Oft waren die Könige auch gleichzeitig Priester und Wissenschaftler.

Zur damaligen Zeit wurden im "Morgenland" noch verschiedene Götter verehrt. Die Menschen glaubten auch, dass die Sterne Götter seien. Deswegen meinten sie auch, das das Geschehen am nächtlichen Himmel einen direkten Zusammenhang zum Leben der Menschen hat. Das also die Sterne das Leben der Menschen verändern. Heute lesen wir so etwas ähnliches noch in Horoskopen. Für die meisten von uns ist diese Astrologie ein netter Scherz, an den wir nicht wirklich glauben. Damals war das anders. Die Menschen haben fest an das geglaubt, was aus den Sternen "geweissagt" (vorhergesagt) wurde. Astronomie (die Wissenschaft vom Himmel) und Astrologie (die Sache mit den Horoskopen) waren damals noch das Gleiche. Viele Priester versuchten auch, die Sterne zu deuten. Sie waren dann Priesterastronomen. Es wird vermutet, dass die "Weisen" aus der Weihnachtsgeschichte solche Priesterastronomen waren. Denn "normale" Leute haben sich zu dieser Zeit nicht mit dem Himmel beschäftigt. Vielleicht waren sie (oder wenigstens einer von Ihnen) auch tatsächlich ein König. Denn, wie gesagt, Könige waren sehr oft auch Priester und wahrscheinlich auch Priesterastronomen.

Nun wissen wir also, was es mit den Weisen auf sich hatte und aus welchem Teil der Erde sie kamen. In der Bibel geht es dann wie folgt weiter:

Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. [Matthäus, 2,2]

Jetzt kommt also unser berühmter Stern. Das die Weisen "den Stern" gesehen haben, deutet auch wieder darauf hin, dass sie Astronomen waren. Es sei denn, der Stern wäre am Himmel ganz leicht für alle Menschen sichtbar gewesen. Evangelist Matthäus schreibt dazu:

Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, [Matthäus, 2,3]

und

Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, [Matthäus, 2,7]

König Herodes erschrak also, dass die Weisen "seinen Stern gesehen" hatten. Und er rief die Weisen zu sich und erkundigte sich, wo sie denn den Stern gesehen hatten. Herodes kann den Stern daher wohl kaum direkt erkennen können. Sonst hätte er ja nicht nachfragen müssen und sich wohl auch nicht so erschrecken.. Man kann vermuten, dass die "normalen Leute" den Stern dann erst recht nicht bemerkt haben. Dazu muss man noch wissen, dass die Juden der Sterndeutung gegenüber sehr skeptisch waren. Sie haben den Himmel also wahrscheinlich ohnehin wesentlich weniger aufmerksam beobachtet als die Weisen.

Was könnte denn nun der fragliche Stern gewesen sein? Der Künstler Giotto hat im Jahre 1304 den Stern so gemalt, wie er auch heute auf vielen Bildern zu sehen ist:

Bild "Adoration of the Magi" von Giotto (Weihnachtsstern)
Giotto di Bondone (1267-1337), Cappella Scrovegni a Padova, Life of Christ,
Adoration of the Magi [Quelle: Wikimedia Commons]

Der Stern ist über dem Dach der Krippe zu sehen. Es ist ein Stern, der einen Schweif hinter sich her zieht. So etwas wird auch "Schweifstern" genannt. In der Astronomie heißen sie Kometen. Der Künstler Giotto hatte das Bild gemalt, nachdem er zwei Jahre vorher den Halleyschen Kometen gesehen hatte. Dieser Komet ist ganz besonders hell und gut zu erkennen. Er sieht so aus:


Halleyscher Komet am 8. März 1986 [Quelle: NASA, Fotograf: W. Liller]

Giotto war vom Anblick des Kometen so begeistert, dass er gedacht hat "so muss auch der Weihnachtsstern ausgesehen haben". Und darum hat er ihn dann auch so in seinem Bild gemalt. Könnte ein Komet denn tatsächlich der Stern gewesen sein, den die Weisen gesehen haben? Man meint nein. Denn zu der Zeit, als Jesus geboren wurde, war gar kein Komet am Himmel zu sehen (soweit wir das heute nachrechnen können). Außerdem dachte man damals, Kometen würden Unglück bringen. Wohl niemand wäre auf die Idee gekommen, einen Kometen als Boten des freudigen Ereignisses einer Königsgeburt anzusehen. Und ein weiterer wichtiger Grund spricht dagegen: wie wir eben gesehen hatte, hat Herodes und sein Volk den Stern ja gar nicht erkannt. Ein Komet wäre aber so auffällig gewesen, dass ihn jeder gesehen hätte. Wäre es ein Komet gewesen, hätte Herodes sich wohl kaum bei den Weisen erkundigen müssen, wo denn der Stern zu finden sei. Der Stern von Bethlehem kann deswegen kein Komet gewesen sein. Da hat Giotto sich wohl getäuscht.

Die Astronomen haben weiter überlegt, was denn noch ein auffälliger Stern gewesen sein könnte. Sehr selten gibt es so genannte Supernovas. Das sind Sterne, die zum Ende ihres Lebens in einer gewaltigen Explosion zerplatzen und für einige Tage sehr hell am Nachthimmel zu sehen sind. Das könnte es natürlich gewesen sein. Eine Supernova wäre nicht ganz so auffällig wie ein heller Komet gewesen. Herodes hätte sie also leichter übersehen können. Die Überbleibsel einer Supernova müsste man allerdings noch heute beobachten können. Man sieht am Himmel einige solcher Reste. Die Wissenschaftler haben aber keinen gefunden, der zu einer Supernova zur Zeit von Christi Geburt passen würde. Damit kann es das dann wohl auch nicht gewesen sein.

Was könnte es denn dann gewesen sein? Schauen wir uns doch noch einmal den Bericht in der Bibel an:

und [Herodes] schickte sie [die Weisen] nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, daß auch ich komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war [Matthäus 2,8-9]

Das gibt uns noch einmal einen Hinweis. Herodes schickte die Weisen von Jerusalem aus nach Bethlehem. Das ist ungefähr 10km entfern. Dazu mussten sie in Richtung Süd-Südwest gehen. Auf diesem Weg "ging der Stern vor Ihnen her". Er muss also auch ungefähr in dieser Richtung am Himmel gestanden haben. Jetzt muss man noch einmal daran denken, dass unsere heutige Zeitrechnung erst nachträglich geschaffen wurde. Das wirklich genaue Geburtsjahr von Jesus kennen wir deswegen gar nicht. Die heutigen Astronomen haben daher die Jahre um Christi Geburt untersucht. Und siehe da: tatsächlich findet sich ein recht auffälliger "Stern" am 12. November im Jahre 7 vor unserer Zeitrechung. In einer Computersimulation sieht der so aus:


Der Weihnachtsstern?

Es sind zwei "Sterne", die man dort sieht. Genau genommen sind es aber gar keine Sterne. Es sind Planeten, nämlich Jupiter und Saturn. Das sieht ja nett aus, aber wieso sollten die Weisen daraus auf die Geburt eines Königs schließen? Nun, dafür gibt es gute Gründe. Aber jetzt müssen wir uns erst einmal mit Astronomie beschäftigen:

Wenn man in den Nachthimmel schaut, meint man, die Sterne bewegen sich. Genau wie tagsüber die Sonne, gehen auch sie im Osten auf und im Westen unter. Diese Bewegung stammt jedoch nicht wirklich von den Sternen. Eigentlich bewegen wir uns. Wir stehen nämlich auf der Erde. Und die dreht sich mit uns zusammen rasend schnell. Wir drehen uns unter dem Himmel hinweg. Die Sterne selbst bewegen sich gar nicht. Denkt man sich die Drehung der Erde weg, dann stehen die Sterne still. Wenn man den Himmel an mehreren Abenden hintereinander beobachtet, wird man merken, dass die Sterne tatsächlich immer gleich angeordnet sind..

Die Menschen haben schon früh angefangen, sich Figuren in den Sternhimmel hinein zu denken. Diese Figuren werden Sternbilder genannt. Damit kann man sich die Position der Sterne am Himmel besser merken. In einem Astronomie-Programm sieht das zum Beispiel so aus:

Sternbild "Fische" zu Zeiten von Jesu Geburt
Das Sternbild der Fische

Hier sieht man das Sternbild "Fische". An dem Bild kann man erkennen, wie die Leute früher auf die Idee gekommen sind, das könnten Fische sein. Die weiße Linie ist die gedachte Verbindung zwischen den Sternen. Und der rote "Kasten" ist das "Grundstück", das den Fischen am Himmel gehört. Am Himmel sind viele verschiedene Sternbilder zu sehen. Die rote Linie zeigt die Grenze zwischen den Sternbildern. Man sagt, alles was auf dem Bild innerhalb des roten "Kastens" ist, ist "im Sternbild der Fische". Wenn man genau hinschaut, sieht man, das unser Weihnachtsstern sich auch im Sternbild der Fische befindet.

Halten wir fest: die Sterne stehen immer am gleichen Platz am Himmel. Ihr Auf- und Untergehen kommt von der Erddrehung. Ihre Position zueinander verändern sie nicht. Darum werden die Sterne auch manchmal "Fixsterne" (fix wie "fixiert", "fest") genannt. Das gilt aber nicht für alle "Sterne". Bei den Planeten ist es anders.

Zusammen mit der Erde umkreisen die Planeten die Sonne. Ein Umlauf um die Sonne dauert umso länger, je weiter ein Planet von ihr entfernt ist. Wenn wir einen Planeten mehrere Tage am Nachthimmel beobachten, dann stellen wir fest, dass er seine Position im Vergleich zu anderen Sternen verändert. Als Beispiel sieht man hier, wie der Jupiter im Jahr 2006 seine Bahnen am Himmel zieht:


Bewegung des Jupiter in 2006 - klick für längeres Video

Man sieht sehr schön, wie der Jupiter sich bewegt. Manchmal huscht auch der Mond durch das Bild. Das soll uns aber nicht weiter stören. Wer mag, kann sich auch noch das etwas längere Video der Jupiter-Bewegung ansehen. Dort sieht man auch, wie der Jupiter hin und her wandert. Der Jupiter "wandelt" also vor den Fixsternen. Deshalb hat man Planeten "Wandelsterne" genannt. Der Name "Planet" stammt übrigens aus dem griechischen und bedeutet "der Wandernde". Die frühen Astronomen haben die Wandelsterne oft als göttliche Zeichen oder auch als Götter selbst angesehen. Unter den vielen tausend Sternen am Himmel waren sie immerhin die einzigen, die sich bewegen. Noch dazu kann man sie nicht immer sehen - zu manchen Zeiten des Jahres sind sie komplett unsichtbar. Und zwar immer zu unterschiedlichen Zeiten (auch die Sterne sind nicht immer sichtbar - aber man sieht sie immer zur gleichen Jahreszeit).

Die Bewegung eines Planeten am Himmel sieht ohnehin recht geheimnisvoll aus. Mal wandert er mit den Sternen (also von Ost nach West), mal in der entgegen gesetzten Richtung. Manchmal scheint er sogar völlig still zu stehen. Das alles bemerkt man natürlich nicht, wenn man nur an einem einzigen Abend schaut. Man bemerkt es aber, wenn man immer wieder beobachtet (wie es eben Astronomen tun). Dieses Bewegungen der Planeten werden von ihrem Umlauf um die Sonne verursacht. Aber auch wir drehen uns zusammen mit der Erde um die Sonne. Da die Erde näher an der Sonne ist als die meisten Planeten, überholt sie die bei Ihrem Umlauf um die Sonne. Das erklärt die scheinbar merkwürdigen Bewegungen.

Normalerweise sind die Planeten recht weit voneinander am Himmel entfernt. Zu seltenen Zeiten kommen sie sich aber sehr nahe. Dann stehen sie von uns aus gesehen zufälliger Weise in genau der gleichen Richtung am Himmel. So war es mit Jupiter und Saturn zur Zeit von Christi Geburt. Das folgende Bild zeigt den Blick auf unser Sonnensystem, so wie man es damals von einem weit entfernten Raumschiff aus gesehen hätte:

Das Bild wurde mit einem englischsprachigen Programm gemacht, daher steht das "Sun" anstelle von "Sonne" und "Earth" anstelle von Erde. Wie man sieht, stehen Jupiter und Saturn fast in einer Linie mit der Sonne. Daher erscheinen sie am Himmel nahe beieinander. Wenn sie sich jetzt auf ihrer Bahn um die Sonne weiter bewegen, gehen sie wieder auseinander. Da die Erde sich aber auch weiter dreht, kann sich ein interessanter Anblick am Himmel ergeben. Eben genau so, wie wir das oben in dem Bild vom Weihnachtsstern gesehen haben.

So, jetzt haben wir genug Wissen, um zu verstehen, was damals passiert sein könnte. Zunächst einmal ist die Frage zu klären, wieso die Weisen überhaupt auf die Idee gekommen sind, dass in Israel ein neuer König geboren wurde. Man vermutet, dass es sich bei den Weisen um Astronomen aus Babylon gehandelt hat. Die Babylonier haben den Himmel sehr aufmerksam beobachtet und kannten sich in der Astronomie gut aus. Bei ihnen standen die Planeten für babylonische Götter. Der Jupiter war sehr wichtig. Er wurde als "Königsstern" angesehen. Der Saturn wurde als Herrscher über Israel angesehen. Das Sternbild der Fische hatte auch eine besondere Bedeutung: es stand für das Land Palästina. Im Jahre 7 vor Christus gab es nun eine besondere Konstellation am Himmel: Jupiter und Saturn begegneten sich dreifach am Himmel - und das auch noch im Sternbild der Fische. In einer Simulation sieht das so aus:

Auch hier gibt es wieder ein Video, das die Konstellation noch ein wenig ausführlicher zeigt. Dort ist zu Beginn ein besonders heller Stern zu sehen. Das ist unsere Sonne (um die Bewegung von Jupiter und Saturn zu verdeutlichen, habe ich die Simulation auch während des Tages durchlaufen lassen - mit dem Computer kann man so etwas).

Man vermutet, dass die Babylonier das wie folgt interpretierten: Der "Königsstern" (Jupiter)  begegnet dem "Stern" der Israeliten (Saturn) gleich dreifach in dessen eigenem Land (Sternbild der Fische). Das konnte für die Weisen wohl nur auf die Geburt eines neuen Königs von Israel hindeuten. Als sie das erkannten, haben sie sich auf die Reise nach Jerusalem aufgemacht. Die Juden haben dieses Himmelszeichen dagegen nicht bemerkt, weil es nur auffiel, wenn man den Himmel genau beobachtete. Und da die Juden damals dem Himmelsgeschehen wenig Beachtung geschenkt haben, fiel es ihnen gar nicht auf. Damit wäre dann auch die Verwunderung von Herodes zu verstehen - genauso wie die Tatsache, dass er sich bei den "Weisen aus dem Morgenland" erst erkundigen musste, was denn das für ein Stern sei. Anders als bei einem Kometen oder einer Supernova also eine ganz einleuchtende Erklärung. Damit wäre eine plausible Erklärung gefunden, warum die Weisen überhaupt nach Jerusalem kamen. Aber warum gingen sie nach Bethlehem? Laut Bibel war daran vor allem Herodes "schuld":

Und sie [die jüdischen Schriftgelehrten] sagten ihm [Herodes]: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten: [Matthäus 2,5]

und [Herodes] schickte sie [die Weisen aus dem Morgenland] nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, daß auch ich komme und es anbete. [Matthäus 2,8]

Es war also bereits vorhergesagt (prophezeit), dass in Bethlehem ein König geboren werden solle. Herodes und seine Berater verließen sich auf diese Prophezeiung. Denn sie wussten offensichtlich nichts Genaueres. Deswegen meinte Herodes wohl auch zu den Weisen, sie sollen nach dem Kindlein "forschen", es also suchen. Damit könnte die Geschichte nun zu Ende sein. Doch glücklicherweise standen Jupiter und Saturn genau richtig am Himmel. Matthäus berichtet:

Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war [Matthäus 2,9]

Nun muss man sich mit der Geographie von Palästina beschäftigen. Jerusalem und Bethlehem liegen ca. 10km auseinander. Von Jerusalem aus muss man nach Süd-Südwest gehen. Auf einer Satellitenkarte schaut das wie folgt aus:

Der Weg der heiligen 3 Könige von Jerusalem nach Bethlehem
Jerusalem und Bethlehem - für größere Version Bild klicken. [Quelle: Google Earth]

Nun muss man noch wissen, wie der "Stern" von Jerusalem aus gesehen am Himmel stand. Das habe ich auch mit einem Programm simuliert und ein Video erstellt. Das Video funktioniert leider nur mit dem Windows Media Player. Auf dem Bild unten sieht man den Himmel über Jerusalem. Wir schauen nach Süden und es ist kurz vor Sonnenuntergang. Am linken Bildrand (im Osten) erkennen wir bereits unseren "Weihnachtsstern". Auf dem Video kann man sehen, wie er über den Himmel wandert. Dazu bitte einfach das Bild anklicken:

Der Weihnachtsstern über dem Himmel von Jerusalem
Der Weihnachtsstern über dem Himmel von Jerusalem.

Wie wir schon gelernt hatten, ziehen die Sterne durch die Erddrehung im Laufe der Nacht von Ost nach West über den Himmel. Und unser "Weihnachtsstern" zieht da mit. Ich habe nun diese scheinbare Bewegung des Weihnachtssterns in die Satellitenaufnahme eingetragen (Klick auf das Bild bringt wieder eine größere Version):

Der scheinbare Weg des Weihnachtssterns über Palästina
Der scheinbare Weg des Weihnachtssterns über Palästina.

Der "Stern" zog im Laufe der Nacht von Osten (rechts) nach Westen (links), wo er in der späteren Nacht unterging. Schauen wir nun noch einmal in die Bibel:

Als sie [die Weisen] nun den König gehört hatten, zogen sie hin [nach Bethlehem]. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war [Matthäus 2,9]

Kurz nach Sonnenuntergang war der "Stern" ganz offensichtlich noch nicht in der richtigen Richtung. Wenn die Weisen aber etwas später los geritten sind, stimmte die Richtung schon ziemlich genau. Und es ist gut vorstellbar, dass sie genau zu der Zeit ankamen, als Jupiter und Saturn gerade genau in Richtung Bethlehem stand. Man kann das "der Stern ging vor ihnen her" vielleicht auch so deuten, dass er sich (von Osten kommend) auf Bethlehem hin bewegte.

Bei dieser Deutung muss man natürlich beachten, das der "Stern" bei der Ankunft der Weisen in Bethlehem nicht unmittelbar über Bethlehem stand. Er war vielmehr weiterhin in der Ferne am Horizont zu sehen. Dies darf aber wohl so gedeutet werden, dass die Weisen zufrieden waren, wieder Anzeichen am Himmel entdeckt zu haben, auf dem richtigen Weg zu sein. Man bedenke, dass sie sich nur wegen der besonderen Himmelserscheinung auf den weiten und damals gefährlichen Weg gemacht hatten. Es wäre sicherlich enttäuschend für sie gewesen, gerade auf dem letzten und wichtigsten Stück der Reise nicht mehr von einem Himmelszeichen geleitet zu werden. Diese Erleichterung kann man meiner Meinung nach auch in die folgende Textstelle der Bibel hinein interpretieren:

Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut  [Matthäus 2,10]

...und damit ist unsere astronomische Suche nach dem Stern von Bethlehem abgeschlossen. Von allen bekannten Theorien ist die hier genannte sicherlich der wahrscheinlichste Erklärungsansatz für den "Weihnachtsstern". Demnach wäre Jesus also tatsächlich im Jahr 7 vor Christi Geburt geboren wurden (klingt irgendwie lustig) und der "Stern" war ein - für Astronomen - besonders auffälliges und seltenes mehrfaches Zusammentreffen von Jupiter und Saturn.

An dieser Stelle sei nochmals der Hinweis angebracht, dass alles auch ganz anders gewesen sein kann. Wenn man eine naturwissenschaftliche Deutung des "Weihnachtssterns" sucht, ist das hier Beschriebene die momentan allgemein als beste anerkannte Erklärung. Einige Bibelforscher gehen aber davon ausgehen, dass es unseren "Stern" gar nicht als wirkliche Himmelserscheinung gegeben hat. Die entsprechenden Stellen des Matthäus-Evangeliums können genau so gut symbolisch zu deuten sein, der "Stern" "nur" ein Symbol des Guten (Licht!) sein.

Aber ist es nicht schön, sich vorzustellen, dass es sich genau so wie oben beschrieben zugetragen hat...

Ich wünsche allen ein frohes, besinnliches und friedliches Weihnachtfest! Den "Sternenguckern" unter uns wünsche ich obendrein einen klaren Himmel, auf das jeder seinen ganz persönlichen Weihnachtsstern entdecken möge.

Rainer Gerhards

Copyright (C) 2006, 2007 Rainer Gerhards
Letzte Aktualisierung: 2007-11-30, 2006-12-11